Esperanto als Muttersprache

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Veröffentlichungsdatum: 
2021-02-18
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Esperanto als Muttersprache


Die am schnellsten wachsende muttersprachliche Gemeinschaft?

Vor 134 Jahren wurden die Grundzüge der internationalen Sprache Esperanto veröffentlicht, im Jahre 1887 in Warschau. Schnell lernten Menschen aus vielen Ländern diese neue und einfach zu erlernende Sprache, und 1889 erschien die erste internationale Zeitschrift in Esperanto, La Esperantisto. Weniger bekannt ist, dass schon ab dem Jahr 1904 ein Kind mit Esperanto als Muttersprache aufwuchs: Emilia Gastón Burillo (1904-1988) aus dem spanischen Zaragoza gilt als die erste Esperanto-Muttersprachlerin.

Esperanto hat sich seither in über 120 Länder weltweit verbreitet. China veröffentlicht täglich Nachrichten in Esperanto ( http://esperanto.china.org.cn/ ), Polen und Kroatien haben Esperanto als Kulturgut anerkannt. Die bekannte Sprachenplattform Duolingo bietet Esperanto-Sprachkurse in vier Sprachen an, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch; Chinesisch ist in Vorbereitung. Dort lernen jährlich mehr Menschen Esperanto als irgendwo sonst in der Geschichte des Esperanto, etwa 700.000 LernerInnen pro Jahr laut Duolingo.

Stetig zunehmende Verbreitung von Esperanto als Muttersprache

Auch Esperanto als Muttersprache verbreitet sich zunehmend. Um 1920 gab es etwa zwanzig Esperanto-Muttersprachler, in den fünfziger Jahren zählte eine Untersuchung 154 Kinder, die in 19 verschiedenen Ländern mit Esperanto (und einer oder zwei weiteren Sprachen) aufwuchsen. Heutige Schätzungen gehen von etwa tausend bis zweitausend Esperanto-Muttersprachlern aus. Der Zusammenhalt ist eng, viele Familien trafen sich vor Corona mehrmals im Jahr bei Esperanto-Wochen; heute wird der Kontakt in Videokonferenzen gepflegt – weniger direkt, aber unter Einbeziehung von Menschen auch aus entlegenen Ländern der Welt.

Esperanto-Familien aus vielen Ländern

Nachschub erhält die Welt der Esperanto-MuttersprachlerInnen laufend: Junge Menschen lernen Esperanto, fahren zu Esperanto-Veranstaltungen, verlieben sich und bekommen irgendwann Kinder. Mit denen sprechen sie in vielen Fällen Esperanto, um auch die Kinder in ihre Esperanto-Welt mit einzubeziehen und mit ihnen gemeinsam den Kontakt mit ihren Esperanto-Freunden und deren Kindern zu pflegen. Frühzeitig erhalten die Kinder so einen internationalen Blick auf die Welt und schließen Freundschaften mit Kindern aus anderen Ländern, die sie alljährlich wiedersehen; viele Kinder sind begeistert von diesen Esperanto-Ferien in großer und vertrauter Runde.

Weitergabe von Esperanto vor allem durch Nicht-Muttersprachler

Vermutlich wächst die Gemeinschaft der Esperanto-Muttersprachlerinnen und -Muttersprachler schneller als jede andere Gemeinschaft von Muttersprachlern. Schließlich geben bei anderen Sprachen fast nur Paare, die selber die entsprechende Sprache als Muttersprache gelernt haben, ihre Muttersprache weiter – bei Esperanto wird die Sprache an die Kinder vor allem von Personen weitergegeben, die selbst Esperanto erst als Jugendliche oder Erwachsene gelernt haben. Andererseits gibt natürlich auch so mancher Esperanto-Muttersprachler seine Sprache später an die Kinder weiter – man kennt schon Fälle von Esperanto als Muttersprache in der dritten und sogar vierten Generation.

Esperanto als Muttersprache schon in der vierten Generation

Die Entwicklung der muttersprachlichen Gemeinschaft der Esperanto-Sprecherinnen und -Sprecher zeigt die zunehmende Stabilisierung der Esperanto-Sprachgemeinschaft. Der Autor Clemens J. Setz hat in seinem kürzlich erschienenen Buch „Die Bienen und das Unsichtbare“ auf über hundert Seiten die vielfältige Esperanto-Literatur beschrieben – und natürlich fehlte auch dort nicht die Erwähnung eines Kontakts mit einer Muttersprachlerin des Esperanto.

Esperanto-Muttersprachler als Nobelpreisträger

Von den etwa fünf Nobelpreisträgern, die Esperanto sprachen, hat Daniel Bovet, Nobelpreis für Medizin 1957, Esperanto schon als Kind gelernt. Auch wenn oft berichtet wird, der Milliardär George Soros habe Esperanto als Muttersprache gelernt – vermutlich hat er es in seinem Elternhaus erst als Jugendlicher gelernt; sein Vater, Tivadar Soros (zunächst: Schwartz), schrieb viel in Esperanto, u. a. das Buch „Maskerade“ über sein Verstecken vor den Nazis in Ungarn.

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Kontakt:
Ulrich Brandenburg
Vorsitzender des Deutschen Esperanto-Bundes
Esperanto-Muttersprachler
Tel. 01512 581 48 25

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Louis von Wunsch-Rolshoven
Kontakt Rufnummer: 
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